Pferdebegeisterte Zuschauer konnten nur staunen als ihnen am Samstag, den 9. September 2023 Zwei- und Vierspänner rund um den Starnberger See begegneten. Veranstalter dieser Rundfahrt, die nur alle fünf Jahre stattfindet, war und ist der Reit- und Fahrverein Weilheimer Pferdefreunde e.V - seit 1983.
33 Gespanne waren gemeldet (lt. Programmheft), 31 Teilnehmer gingen an den Start und 28 kamen ins Ziel. Schuld war nur ein kleiner techn. Defekt (Bremsversagen) und zwei Teilnehmer die vernünftigerweise bei der großen Hitze aufgaben um ihre Pferde nicht zu überfordern - dieses faire Verhalten nennt man ‘Horsemanship’. Die obligatorische Fahrerbesprechung fand am Freitagabend in der Aula des Tutzinger Gymnasium statt.
Der Start der Pferdegespanne erfolgte auf dem großen Hof der Fam. Doll, dort waren auch die Pferde untergebracht. Bereits um 6 Uhr bei leichtem Frühnebel startet der erste Teilnehmer, Hans Nehr aus Weilheim-Lichtenau mit seinen vier rumänischen Schimmeln an einem Jagdwagen, in den wunderschönen sonnigen Tag; die anderen folgten im 5-Minuten Takt auf die gut ausgeschilderte Strecke. Vorher wurden sie von drei internationalen Traditionsrichtern begutachtet; zwei Tierärzte auf der Strecke kontrollierten Puls und Atmung der Pferde und ein Zeitnehmer kontrollierte, ob die Gespanne zu schnell oder zu langsam unterwegs waren.
Die Wertung beim“Traditionsfahren” (so heißt diese Pferdesportart) erfolgt nach Kriterien: 1. Fahrer, Beifahrer und Passagiere (Haltung, Hut, Handschuhe, Peitschenhaltung, Behandlung der Pferde) 2. Pferde u.a. Kondition, Herausbringen, Zusammenpassen, Sauberkeit und Hufbeschlag 3. Geschirr, gut anliegend ohne Druckstelle zu verursachen, Zustand und Sauberkeit 4. Kutsche, techn. Details wie z.B. die Höher der Deichsel und als wichtigstes Kriterium 5. Gesamteindruck passend zum Wagentyp.
Ab 11 Uhr wurden die Gespanne vor dem Landhotel Huber in Ambach am See vorgestellt und moderiert von Peter Schröfl und Helmut Meidert und ab 13 Uhr im Innenhof auf Gut Schalleck hinter Seeshaupt/Richtung Seeseiten nochmals präsentiert von Hans-Peter Junginger (dem langjährigen Pressesprecher des Vereins) bei Live-Musik und Kaffee. Davor waren die Teilnehmer in einem Zwangshalt von 90 Minuten (die Pferde in einem schattigen Wald gut versorgt und die Teilnehmer beim Mittagessen). Der letzte - aber sicherlich auch der schönste und anstrengenste - Teil der Strecke folgte: über den Sissi-Reitweg (Bernrieder Park) und weiter über Gut Unterholz nach Kampberg und über die Ilkahöhe und die Deixlfurter Weiher ins Ziel bei Traubing.
Die stilvolle Siegerehrung fand diesmal mitten im See - auf der “MS Starnberg” - statt. Peter Schröfl (2.Vorstand ‘Fahren’) überreichte die Preise nach einem Grußwort des Schirmherrn der Veranstaltung Landrat Stefan Frey (Starnberg). Der Gesamtsieger in der Kategorie Zweispänner wurde Edi Fröschl aus Hall in Tirol. Den 2.Platz belegte Dr. Axel Geide aus Horka (der mit seinen Pferden auch bei ‘Wettpflugwettbewerben’ teilnimmt) und den 3.Platz sicherte sich Roland Schlagenhauf aus Ramsen in der Schweiz. Der Gesamtsieger in der Kategorie Vierspänner wurde Udo Wiegand aus Neustadt a.d. Weinstraße vor Markus Elbs aus Baindt vom Bodensee und Herbert Mayer aus Raisting zugesprochen. Den begehrten Stilpreis holte sich ebenfall der Österreicherr Edi Fröschl; der Konditionspreis ging fast schon erwartungsgemäß und verdientermassen an Hans Nehr aus Weilheim-Lichtenau mit seinem Schimmelgespann (der fast jeden Tag einspannt). Der Sonderpreis schönste Kutsche ging gleich an zwei Teilnehmer: Herbert Eibel aus Malschwitz mit seinem Stanhope Phaeton, Bj. 1905, von Kauffmann aus Basel und an Markus Edmaier aus Tann mit seinem wunderbaren Dog Cart, Bj. 1900, Hersteller: Rosenbaum. Sieben Damen erlebte man an den Leinen (so nennen die Fahrer/innen die Zügel). Christine Neubert aus Stützengrün war die Amazone mit der besten Wertung unter den sieben Damen (sie erreichte eine Punktzahl von 247,5 von max. erreichbaren 300 Punkten).
Die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland e.V. (79.000 Mitglieder) und das Fachmagazin ‘Der Kutschbock’ verliehen den Weilheimer Pferdefreunden e.V. und ihrem Pressesprecher Hans-Peter Junginger den Eisernen Gustav 2023 in der Kat. ‘Fahren’ (der Preis erinnert an die Protest- und Distanzfahrt 1928 des Droschkenkutschers Gustav Hartmann von Berlin nach Paris). Übrigens, H.-P. Junginger war Organisator von 25 Frühjahrsfahrten in Folge (ausser Corona) und Mit-Organisator der neun Starnberger-See-Rundfahrten - alle fünf Jahre seit 1983 (damals für die Ehrenpreise zuständig). Ausserdem hat er über 400 Fachartikel, ausschließlich über den Fahrsport, in versch. Fachzeitschriften veröffentlicht und drei Fotopreise gewonnen. Die Auszeichnung überreichte der Pferdewirtschaftsmeister Josef Schrallhammer. Am Sonntagvormittag wurde die Veranstaltung mit einem zünftigen Weißwurstessen wieder in bzw. vor der Aula des Gymnasium Tutzing beendet. Viele ehrenamtliche Helfer waren wieder im Einsatz - ihnen und den Sponsoren - gebührt der besondere Dank des Veranstalters.
Hier das spontane Urteil einer Teilnehmerin (Beifahrerin Brigitte Palmi) aus Zwiesel im Bayerischen Wald. Sie schreibt: “Ein unbeschreibliches Erlebnis mit Gänsehaut, Freudentränen und 1.000 Glücksgefühle, haben wir den RFV Weilheimer Pferdefreunde e.V. zu verdanken! Vielen herzlichen Dank, dass wir teilnehmen durften!!!!! Was Ihr hier auf die Beine gestellt habt, ist einzigartig!”
Text: H.-P.Junginger